Ist das Produkt „Immobilienrente“ für mich geeignet?
Grundsätzlich interessant können die Produkte der Immobilienrente für Besitzer von selbst genutzte Immobilie sein, welche einen zusätzlichen Finanzbedarf haben. Das könnte im Einzelfall die Notwendigkeit einer zusätzlichen monatlichen Liquidität sein oder aber auch der Wunsch nach einer größeren Anschaffung – dann vielleicht in Form einer Einmalzahlung.
Ist die Immobilienrente für mich das richtige Produkt, um einen zusätzlichen Finanzbedarf abzudecken? Die nachfolgenden Punkte sollen einen ersten Überblick geben, ob die Produkte zur Immobilienrente für ihre persönliche Situation geeignet sind.
- Vererbung: Wenn sie wollen das ihre Immobilie auch noch für potenzielle Erben zu nutzen sein soll, ist die Immobilienrente aktuell (Leibrente/Zeitrente) keine Lösung für sie. Andres sieht es aus, wenn sie keine Erben haben bzw. Ihre Erbangelegenheiten ohne Einbeziehung der Immobilie abschließend geregelt haben.
- Wohnen: Ist es ihnen wichtig auch im Ruhestand in der eigenen Immobilie wohnen zu können, dann bietet ihnen die Immobilienrente, eine sehr gute Möglichkeit dafür ihre Ziele zu erreichen. Im anderen Fall, sie können sich vorstellen auch woanders zu leben, ist der klassische Verkauf höchst wahrscheinlich die lukrativere Variante.
- Verkauf/Kreditaufnahme: Können sie sich vorstellen, ihre eigene bereits abbezahlte Immobilie, zu verkaufen bzw. wieder mit einem Kredit zu belasten? Wenn ja – schafft, dass die Voraussetzung dafür um die Produkte der Immobilienrente zu nutzen.
- Alter: Mögliche Interessenten sollten das 65. Lebensjahr, besser noch annähernd das Siebzigste erreicht haben, weil ansonsten die Zahlungszeiträume (bei einer lebenslangen Rente) für den Anbieter sehr groß würden und somit die Einmal- und/oder Rentenzahlungen sehr viel gering ausfielen.
Nicht jeder interessierte Immobilienbesitzer wird von allen Anbietern/Vermittlern immer auch ein Angebot erhalten. Nachfolgend einige der wichtigsten Kriterien, weshalb eine Absage seitens der Anbieter/Vermieter möglich sein könnte:
- schuldenfrei: Nur fast schuldenfreie Immobilien werden in der Regel von den Anbietern akzeptiert, d. h., die Immobilie sollte so gut wie abbezahlt sein.
- Zustand/Immobilie: Die Immobilie sollte sich in einem eher guten Zustand befinden. Auf keinen Fall sollten irgendwelche unbearbeiteten Instandhaltungs- und/oder Reparaturstaus vorliegen. Die Kosten könnten unkalkulierbar hoch ausfallen und damit auch das Verlustrisiko für den Anbieter.
- Lage/Immobilie: Die Lage der Immobilie sollte möglichst einen entsprechenden Wertzuwachs erwarten lassen – auf keinen Fall aber einen Wertverlust. Ansonsten würde das Risiko für die Anbieter möglicherweise recht früh bereits Verlust zu machen, als zu hoch angesehen.
Wie wichtig sind Information und Beratung?
Die Produkte zur Immobilienrente gehören sicherlich nicht gerade zu den Standard-Finanzprodukten in Deutschland. Ganz im Gegenteil, es gibt viele Verbraucher die noch nie etwas von diesen Produkten gehört haben. Von den beiden gängigen Formen der Immobilienrente – der Umkehrhypothek und der Leibrente/Zeitrente wird aktuell sowieso nur das Produkt Leib-/Zeitrente angeboten. Die Anbieter von diesem Produkt gehören nun ebenfalls nicht zur Gruppe der allseits bekannten klassischen Finanzdienstleister, wie z. B. die großen Banken, Versicherungen oder Bausparkassen. Man muss also bereits in einem ersten Schritt einen gewissen Aufwand betreiben, um überhaupt an die grundlegenden Informationen zum Thema Immobilienrente (Produkt und Anbieter) zu gelangen.
Die Produkte zur Immobilienrente selbst zeichnen sich insgesamt durch eine recht hohe Komplexität aus. So gut wie alle zentralen Punkte eines Immobilienrenten-Vertrages müssen einzeln verhandelt werden. Sei es:
- der Wert der Immobilie,
- die Höhe und Dauer der Zahlungen sowie des Wohnrechts,
- die Absicherung und die weitere Nutzung des Wohnrechts
- die Fragen zum vorzeitigen Ableben,
- der Umgang mit möglichen Erben,
- die Themen Instandhaltung und Reparaturen sowie
- Krisenszenarien wie z. B. der Pflegefall bzw.
- die was passiert im Fall, dass der Anbieter Insolvenz anmeldet – mit der Immobilie, mit meinem Wohnrecht, mit meinen Rentenzahlungen?
Die Vertragsverhandlungen können daher auch gern bis zu einem ¾ Jahr oder sogar länger dauern. Das ist nicht nur für Personen im reiferen Alter eine ambitionierte Herausforderung.
Aus Verbrauchersicht erscheint es daher mehr als sehr sinnvoll, wenn nicht gar zwingend, dass interessierte Personen versuchen sich externe und unabhängige Beratung einzuholen/einzukaufen. In einem ersten Schritt wären hier als mögliche Ansprechpartner die jeweiligen regional zuständigen Verbraucherzentralen zu nennen. Als weitere externe und unabhängige Berater kämen infrage, auf das Thema Immobilienrente spezialisierte Rechtsanwälte bzw. Honorarberater.
Insgesamt erscheint es ratsam, sich während des gesamten Beratungsprozesses sowie bei der endgültigen Ausgestaltung des Vertrages unabhängige und professionelle Hilfe an die Seite zu holen. Und dies gilt umso mehr für insbesondere in Finanzdienstleistungsfragen eher unerfahrene Verbraucher.
Was ist Fair?
Im Bereich der Immobilienrente gibt es keine Marktstandards. Somit lassen sich auch keine allgemeingültigen Vorgaben (Werte) benennen, wann ein Immobilienrentenvertrag Fair ist oder nicht. Fair indem Sinne, als das ein Vertrag für beide Seiten, Anbieter und Verbraucher, von Vorteil sein sollte.
Ein fehlender allgemeingültiger Bewertungsmaßstab bedeutet vor allem für den Verbraucher, dass dieser sich im Vorfeld zwingend eigene Vorstellungen über die finanziellen Rahmenbedingungen zur Immobilienrente machen sollte.
Das betrifft in erster Linie natürlich den Wert der Immobilie. Eine auf eigene Kosten bestellte Expertise über den Verkaufswert der Immobilie, von einem Spezialisten erstellt, erscheint mehr als sinnvoll. Wichtig ist es aber auch eigene Vorstellungen darüber zu entwickeln, welchen Wert das Wohnrecht haben sollte und wie hoch dann eine mögliche (befristete/lebenslange) Rentenzahlung ausfallen sollte.
Darüber hinaus sollte man sich Gedanken zu einigen wichtigen, mit diesem Vertrag, verbunden Risiken bzw. Optionen machen:
- möchte ich eine lebenslange Rente oder zeitlich befristet Zahlungen?
- wie sollte das Wohnrecht abgesichert sein (Grundbuch), und welche Nutzung ist Möglich – Untervermietung (Nießbrauch)
- wer zahlt für die Instandhaltung und die Reparaturen und welche Art von Arbeiten fallen darunter?
- was passiert im Pflegefall, sowohl in einem ambulanten wie bei einem stationären Szenario – mit dem Wohnrecht, den Rentenzahlungen?
- kann ich ausziehen und woanders leben, bei gleichzeitiger Untervermietung der Immobilie?
- wie sollte ein frühes (kurz nach Vertragsschluss) Ableben des Immobilienrenten-Beziehers geregelt sein?
Verpflichtet sich der Anbieter vertraglich zur Übernahme bestimmter Risiken, führt dies in aller Regel zu einer entsprechenden Reduzierung der Renten- bzw. Einmalzahlungen. Was im Umkehrschluss bedeutet, dass im Fall, dass die meisten Risiken beim Kunden verbleiben würden, die Zahlungen deutlich höher ausfallen müssten.
Um eine erste grobe eigene Vorstellung von den möglichen Werten zu erhalten, wäre es denkbar, auf Basis des gutachterlich ermittelten Verkaufswertes der Immobilie, eine entsprechende Schätzung für mögliche Rentenzahlungen vorzunehmen. Wobei explizit versucht werden sollte große Risiken im vom Anbieter tragen zu lassen. Man wird bei einem solchen Szenario realistischerweise auch von einer Lebenserwartung ausgehen, die dem aktuellen Stand der Forschung entspricht. In einer solchen Vorläufigen End Betrachtung (Schätzung) sollte es dann möglich sein, eine erste Vorstellung davon zu bekommen, wie hoch eine monatliche Rente ausfallen könnte. Eine Art unterste „Schmerzgrenze“.
Abschließend bleib anzumerken, dass in dem Modell der Leib-/ Zeitrente eine gewisse systemimmanente Fairness-Lücke vorhanden ist. Gibt es aufseiten des Beziehers der Leibrente überhaupt keine Erben und ist vertraglich auch nichts anderes vereinbart, würde bei einem frühen Tod die Immobilie dem Anbieter gehören, und das, ohne das weitere Leistungen erfolgen müssten. Von außen betrachtet würde man, eine solche Situation wohl immer als nicht besonders fair bewerten.